Finanzmodellierung meistern: Tipps aus der Praxis
Die Arbeit mit Excel-Modellen und Finanzprognosen kann manchmal frustrierend sein. Wir haben über Jahre hinweg beobachtet, wo Analysten ins Stolpern geraten – und wie man diese Hürden umgeht.
Der häufigste Anfängerfehler
Die meisten Einsteiger versuchen, alles auf einmal zu lernen. DCF, LBO, M&A-Modelle – das volle Programm. Aber ehrlich gesagt bringt das wenig.
Was wirklich funktioniert: Mit einem simplen Drei-Statement-Modell anfangen. Bilanz, GuV, Cashflow. Das klingt langweilig, ich weiß. Aber wenn man die Grundlogik dahinter nicht im Schlaf beherrscht, wird man später bei komplexeren Modellen ständig zurückrudern müssen.
Wir empfehlen unseren Teilnehmern immer, sich zwei Wochen Zeit zu nehmen und nur mit diesem Basis-Modell zu arbeiten. Jeden Tag eine andere Branche durchspielen. Einzelhandel, Produktion, Software – die Unterschiede sind spannender als man denkt.
Warum Formeln transparent bleiben müssen
Neulich hat mir jemand ein Modell geschickt, bei dem 80 Prozent der Zellen verschachtelte WENN-Funktionen enthielten. Das Problem dabei: Selbst der Ersteller konnte nicht mehr erklären, was genau passiert.
Eine Faustregel, die sich bewährt hat: Wenn eine Formel nicht in eine Zeile passt, ist sie zu komplex. Lieber eine Hilfsspalte mehr einfügen und die Berechnung in Schritte aufteilen.
Das macht das Modell nicht nur wartbarer, sondern auch fehlerresistenter. Und wenn man das Modell einem Controller oder CFO präsentieren muss, kann man tatsächlich erklären, was da passiert – ohne ins Stottern zu geraten.
Sensitivitäten richtig einsetzen
Die meisten Modelle enthalten Sensitivitätsanalysen – aber oft an den falschen Stellen. Konzentriert euch auf die drei bis vier Faktoren, die wirklich Einfluss haben. Bei Einzelhändlern ist das meist die Flächenproduktivität, bei Software-Unternehmen die Churn-Rate.
Historische Daten verstehen
Bevor man mit Prognosen anfängt, sollte man sich mindestens drei Jahre historische Daten ansehen. Nicht nur die Zahlen kopieren – wirklich verstehen, was da passiert ist. Gab es Sondereffekte? Seasonalität? Diese Muster wiederholen sich öfter als man denkt.
Konsistenz-Checks einbauen
Ein gutes Modell braucht Selbstkontrolle. Einfache Prüfungen wie "Summe der Bilanz gleich null" oder "Cashflow stimmt mit Bankstand überein" können Stunden an Fehlersuche ersparen. Wir bauen immer eine separate Check-Zeile ein, die rot wird, wenn etwas nicht stimmt.
Wie man Modelle wartbar hält
Ich erinnere mich an ein Projekt von 2023, bei dem wir ein fünf Jahre altes Modell übernehmen sollten. Die Dokumentation? Nicht vorhanden. Die Struktur? Chaotisch. Wir haben zwei Wochen gebraucht, nur um zu verstehen, was da eigentlich berechnet wird.
Seitdem haben wir eine simple Regel: Jedes Modell braucht ein Inhaltsverzeichnis-Tab und Kommentare bei allen nicht-trivialen Annahmen. Das fühlt sich am Anfang nach Zeitverschwendung an – aber wenn man sechs Monate später zurückkehrt, ist man unendlich dankbar dafür.
Außerdem: Farben verwenden. Inputs in Blau, Berechnungen in Schwarz, Links zu anderen Sheets in Grün. Das mag pedantisch klingen, reduziert aber die Fehlerquote massiv.
Zum Lernprogramm
Lennart Fischbach
Senior Analyst & Trainer
Der größte Durchbruch kommt meist, wenn man aufhört, perfekte Modelle bauen zu wollen. Ich arbeite seit 2018 mit Finanzmodellen und die besten davon waren nie die komplexesten – sondern die, die man jemandem in zehn Minuten erklären kann. Unser Herbst-Workshop ab Oktober 2025 fokussiert genau darauf: Klarheit statt Komplexität.
Thies Mühlenbruch
Finanzmodellierungs-Spezialist
Was ich immer wieder sehe: Leute verbringen Stunden damit, ihre DCF-Bewertung auf zwei Nachkommastellen genau zu berechnen – vergessen aber, dass ihre Wachstumsannahmen aus dem Bauch heraus kommen. Die Kunst liegt darin, zu wissen, wo Präzision wichtig ist und wo nicht. Das lehren wir in unseren Kursen, die im Frühjahr 2026 wieder starten.
Praxis schlägt Theorie
Man kann hundert Tutorials schauen und dutzende Bücher lesen – aber richtig gut wird man erst, wenn man eigene Modelle baut. Und zwar nicht nach Vorlage, sondern von Grund auf.
Unser Tipp: Such dir ein börsennotiertes Unternehmen aus deiner Lieblingsbranche. Lade den Geschäftsbericht runter und versuche, die nächsten drei Jahre zu modellieren. Wird nicht perfekt – muss es auch nicht. Aber du wirst mehr lernen als in jeder theoretischen Übung.
Die häufigste Frage, die wir bekommen: Wie lange dauert es, bis man gut ist? Ehrliche Antwort: Wenn man täglich zwei Stunden übt, sieht man nach drei Monaten deutliche Fortschritte. Nach sechs Monaten fühlt man sich sicher. Nach einem Jahr ist man besser als 80 Prozent der Analysten da draußen.
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